Der Oktober hat für unser famoses SUPREME Mag so einiges an frischen Wind mit sich gebracht. Wenn nicht sogar einen Orkan an großartigen Neuerungen. Unter anderem haben wir die Kategorie Local Heroes ins Leben gerufen, in der wir an jedem zweiten Montag im Monat eine feinst erlesene Auswahl zahlreicher Local Heroes aus unseren Städten vorstellen. Jene Persönlichkeiten, die besondere Projekte auf die Beine gestellt
haben, Musik machen, Kunst schaffen oder einfach einen ausgefallenen
Lebenstil pflegen. Oder alles zusammen.
Da wir uns
ja bekanntlich nicht lumpen lassen, haben wir die erste Runde direkt
mit einem jungen Herrn gestartet, der in der deutschen Literaturszene mit seinen
provokanten Büchern schon für ordentlich Furore gesorgt hat. Die Rede
ist von keinem Geringeren als Dirk Bernemann himself. Ein Kind der 70er.
Punkrocker. Mensch unbehaglicher Wohlfühlworte. Der unauffällig
Fallende. Oder schlichtweg - mein deutscher Lieblingsautor. Wenn es
möglich wäre, würde ich seine Bücher intravenös zu mir nehmen. Die Sucht
packte mich schon nach seinem Debütroman Ich hab die Unschuld kotzen sehen.
Anfangen und nicht mehr aufhören können. Wie die Junkies im Park vor
meiner ehemaligen WG. Stoff in Form von Papier. Bedruckt mit schwarzen
Buchstaben. Immer wieder bin ich fasziniert davon, was Dirks
geschriebene Worte in mir auslösen können. Bei jedem seiner bisher acht
veröffentlichten Romane, durchlebte ich ein Wechselbad der Gefühle. Mal
standen mir die Tränen vor Lachen in den Augen und mal vor Entsetzen,
Wut oder Trauer. Ja, das Münsterland kann stolz auf einen solchen
Exportschlager sein.
Nun ist's
aber genug mit der Honig-ums-Maul-Schmiererei. Lassen wir jetzt einfach
das kleine Interview für sich sprechen, welches ich mit the one and only
Dirk Bernemann führen durfte:
Du wirst des Öfteren als der „Charles Bukowski der deutschen Literatur“ bezeichnet. Was hältst du von diesem Vergleich?
Nun ja, ich
mag Bukowski, aber dieser Vergleich hinkt kriegsveteranengleich. Ich
habe bessere Haut, war nie Postbote und aus Alkohol mache ich mir nur
selten was Schönes und nie Geschichten. In der Schreiberei haben wir, so
glaube ich, auch ganz andere Herangehensweisen. Aber die Direktheit
meiner ersten beiden Bücher, die ist unter anderem von den Punchlines
von Buk inspiriert. Da hängt viel von meiner Jugend an diesem Autor. Er
hat schon einige Türen aufgerissen, was für Menschen wie mich einiges
einfacher gemacht hat, eine direkte Schreibweise einer nicht ganz so
deutlichen vorzuziehen.
In deinen Büchern und Gedichten spielt Gewalt oft eine tragende Rolle. Würdest du dich selbst dennoch als Pazifist bezeichnen?
Absolut, Gewalt lehne ich grundlegend ab. Gewalt ist die totale Kapitulation des Geistes.
Basieren einige deiner Geschichten auf wahren Begebenheiten oder weisen autobiografische Züge auf?
Natürlich
ist immer was von mir ganz persönlich drin, in diesen Stories, das ist
komplett unvermeidbar. Mein Schriftstellergehirn ist auch gleichzeitig
mein Privatgehirn und diese Gehirne denken nur für einen Körper und das
ist meiner. Ha. Vortreffliche Logik. Aber es ist immer nur ein geringer
Prozentteil, in den aktuellen Sachen, aber etwas mehr.
Kommt es vor, dass sich Leute in deinen Büchern wiedererkennen?
Ja und das
erschreckt mich immer wieder. Teilweise denke ich mir Sachen aus, die
ich selbst für abgedreht halte und dann kommen Leute zu mir und erzählen
mir, dass es sich in ihrer Biographie ähnlich zugetragen hat. Ich bin
stets im höchsten Maß darüber erstaunt.
Wie kann ich mir einen Tag als Dirk Bernemann vorstellen?
Es gibt
keine typischen Tage, also gar nicht. Die Konstanten meiner Tage sind
Kaffee und gute Musik und mindestens immer der Versuch, dem optimalen
Buch, was ich zu schreiben gedenke etwas näher kommen zu wollen.
Mir kam zu Ohren, dass du jetzt auch Musik machst. Magst du dazu etwas mehr verraten?
Ja, es wird
so ein Spoken Word Album mit Postrock und experimenteller Musik. Das
Konzept war, ich gehe nur mit einem Textzettel bekleidet in ein
Musikstudio und darf alles bespielen, worauf ich in den nächsten acht
Stunden Lust habe. So klingen auch die fertigen Songs. Platte kommt. Mit
Sicherheit.
Welches Buch und welches Musikalbum haben dich und dein Leben am meisten geprägt?
Buch: da
muss ich leider auf mein erstes Buch verweisen, „Ich hab die Unschuld
kotzen sehen“, danach ist mir soviel passiert, was ich davor nicht für
möglich gehalten habe und Platte: Disintegration von The Cure und
Boaphenia von Phillip Boa and the Voodooclub, mit diesen Platten habe
ich viele Dinge durchgemacht. Diese Platten sind wie lange Freunde,
denen man gerne begegnet.
Beschreibe dich in fünf Worten.
Grau, schwarz, orange, Wasser und Buchstaben.
Gibt es Dinge, die du hasst, die andere aber lieben? Wenn ja, welche?
Kartoffeln.
Mit meiner Missgunst für die gemeine Kartoffel stehe ich sehr oft
alleine da. Ich hasse sie aber aus tiefster Seele und wünsche ihr nur
schlechtes. Scheiß Kartoffel.
Wenn du auswandern müsstest, in welches Land würde es dich ziehen und warum?
Über Umzug
habe ich in letzter Zeit überhaupt nicht nachgedacht, weil ich gerad
sehr zufrieden bin, mit da, wo ich stehe und lebe. Ich bin an einem Ort
gelandet, wo es viel zu entdecken gibt und den ich gleichzeitig liebe
und hasse. Aber ich bin großer Fan der holländischen Nordseeküste. Dort
zu atmen ist eins der schönsten Dinge wo gibt.
Was verbindest du mit Münster?
Zuallererst
natürlich die Offliteraturszene dieser Stadt, die ausgeprägt und gut ist
und eine schöne Veranstaltungsvielfalt an den Tag legt. Da fahre ich
immer wieder gerne hin, um Leute da zu besuchen oder für schöne
Lesungen. Münster ist oberflächlich sauber und innen drin schön
schmutzig, was ein ziemlich kaputter Widerspruch ist, den ich aber immer
gemocht habe. Münster ist inspirierend, von überschaubarer, aber
wohltuender Langeweile und kann mich trotzdem glücklich machen.
Zum Schluss noch eine Frage, die vor allem mich nicht richtig schlafen lässt: Wann erscheint endlich dein nächstes Buch?
Voraussichtlich im Dezember 2013. Ich hoffe, der nächste Schlaf wird jetzt ein gnädigerer. Au revoir.
Sehr cool!
AntwortenLöschenIch mag die Bücher von Dirk Bernemann, deshalb hab ich mir sehr gefreut, als ich deinen Post gesehen hab! :)
Lara von Kleiderkraenzchen.